Auf dem Weg zur Radlstadt
Vieles neu im Freisinger Bikeralltag

Fahrradfahren ist in Freising auf dem Vormarsch. Nicht erst seit der Corona- Krise ist das Fahrrad aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Von jung bis alt, mit Klapprad, Mountainbike oder Lastenrad: Freising ist eine Radlstadt. Das belegt bereits die Untersuchung des Modal Split, also die Aufteilung der Wege auf die unterschiedlichen Verkehrsmittel, aus dem Mobilitätskonzept im Jahr 2018. Dabei zeigte sich, das 30 Prozent aller Wege in Freising mit dem Rad zurückgelegt werden – ein auch unter Vergleichsstädten hoher Wert. Die Vielzahl an Fahrradfahrer* innen benötigt natürlich eine gute Infrastruktur und die ihr zustehende Wertigkeit im Straßenverkehr. Fahrradfahren soll in Freising noch stärker gefördert werden, gerade mit Blick auf die positiven Effekte für die Umwelt, das Klima, die Lebensqualität sowie die Gesundheit der Menschen. Die Stadt hat deshalb vor vier Jahren beschlossen, Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen (AGFK) zu werden und sich bei dieser anerkannten wie kompetenten Institution zusätzliche Unterstützung bei der Radförderung zu sichern. In einer gemeinsamen Bereisung wurden seinerzeit die positiven Elemente sowie die Schwachstellen bewertet. Auf dieser Grundlage hat die Stadt verschiedene Maßnahmen umgesetzt oder angestoßen. Ende Oktober ist nun die AGFK erneut in Freising zu Gast und entscheidet anhand der Fortschritte, ob Freising das offizielle Zertifikat durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr als „fahrradfreundliche Stadt“ erhält.

Baustellenumleitung Kammergasse

Getan hat sich gerade in jüngster Zeit einiges. Ganz neu ist die sichere und schnelle Fahrradspur zur Umfahrung der Innenstadt. Im Zentrum laufen bekanntlich Umbauarbeiten – Baustellenfahrzeuge, Kräne und Absperrungen prägen das Bild der historischen Altstadt. Dabei müssen sich vor allem in der Oberen Hauptstraße Fußgänger*innen und Radler*innen mit dem Baumaterial und Geräten die knappen Freiflächen teilen. Dabei sind insbesondere Radfahrer*innen gefährdet, wenn sie zu schnell unterwegs sind und sich durch Engstellen zwängen – mit dem Risiko, dass sie übersehen werden.

Risiko, dass sie übersehen werden. Für Sicherheit sorgt jetzt eine flotte Ost- West-Verbindung parallel zur Hauptstraße, die im Süden am Fürstendamm und im Norden an der Kammergasse verläuft. Dafür wurde ab der Karlwirtkreuzung an der Wippenhauser Straße und weiter entlang der Kammergasse ein Schutzstreifen für den Radverkehr markiert: Innerhalb der gelb gestrichelten Spur geht es auf zwei Rädern jetzt gefahrlos vorwärts. Die bislang vom Kfz-Verkehr dominierte Kammergasse garantiert nunmehr dank der breiten Pop-up-Lane ein komfortables Vorwärtskommen. Kraftfahrzeuge dürfen diesen Schutzstreifen nur in Ausnahmefällen befahren: zum Beispiel, wenn ein Bus oder Lkw mit großem Wendekreis den Platz zum Abbiegen braucht. Ansonsten darf auf dem Schutzstreifen weder geparkt noch gehalten werden.

Aufhebung Benutzungspflicht

Eine von der AGFK vorgeschlagene Maßnahme ist, in einigen Straßenzügen die Benutzungspflicht aufzuheben. Sind die bekannten blauen Schilder (Radweg, getrennter Geh- und Radweg oder gemeinsamer Geh- und Radweg) angebracht, muss der Radweg genutzt und es darf nicht auf die Straße ausgewichen werden. An einigen Orten im Stadtgebiet ist es in der Praxis schwierig, wenn sich Rad- und Fußverkehr einen Weg teilen müssen. Mit Aufhebung der Benutzungspflicht können sich die Radfahrer*innen nun aussuchen, was für sie komfortabler, schneller und attraktiver ist: die Straße mit dem motorisierten Verkehr oder der Gehweg mit Fußgänger*innen. In Teilen der Erdinger Straße, in der Johannisstraße und Saarstraße wurden die blauen Schilder abmontiert und stattdessen die Gehwege mit weißen Piktogrammen gekennzeichnet.

Fahrradstraßen und –zonen

Ende Oktober ist es soweit: Die Stadt Freising erhält in der Kulturstraße, der Alten Poststraße und in der Schwabenau ihre ersten Fahrradstraßen und Fahrradzonen. Der Unterschied: Eine ausgewiesene Fahrradstraße betrifft einen bestimmten Straßenzug, zum Beispiel die Kulturstraße, während eine Fahrradzone einen größeren, zusammenhängenden Umgriff hat wie beim Wohnquartier Zur Schwabenau. In diesen Stra.enzügen oder Bereichen dürfen grundsätzlich nur Radfahrer*innen auf den Straßen unterwegs sein – mit festgelegten Ausnahmen. So wird in Freising überall die Beschilderung „Anlieger frei“ angebracht, was den Verkehr für Anwohner* innen, Gäste oder die Belieferung weiterhin erlaubt. Ausgeschlossen wird dagegen der Durchgangsverkehr.

In Fahrradstraßen und -zonen hat der Radverkehr Vorrang, somit muss sich der Kfz-Verkehr unterordnen. Das Nebeneinanderfahren von Radfahrenden ist erlaubt. Zudem gilt eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 30. Überholen ist gestattet, dabei dürfen Radler*innen aber nicht gefährdet oder behindert werden.

Kulturstraße, Alte Poststraße und Zur Schwabenau sind im Mobilitätskonzept der Stadt Freising als Hauptrouten für den Radverkehr aufgeführt, das bedeutet: Auf diesen Straßen sollen Radfahrende sicher und schnell vorankommen. Schon heute sind diese Straßen für den Radverkehr wichtige Strecken. Ihr Stellenwert wird mit der Umwidmung zur Fahrradstraße oder -zone nochmals erhöht. Optisch angezeigt wird die Vorrangfläche für den Radverkehr durch Markierungen und Piktogramme. Zusätzlich werden an einigen Einmündungen Markierungen am Boden angebracht, um den Straßenquerschnitt zu verkleinern und dem Kfz-Verkehr anzuzeigen, dass die Straße nicht für den Durchgangsverkehr gedacht ist.

Neues Element Rad-Grünpfeil

Neben den beschriebenen Maßnahmen hat die Stadt eine Vielzahl an kleinen Optimierungen vorangetrieben. So wurden Piktogramme auf den Schutzstreifen in der Isarstraße ergänzt, mit entsprechenden Schildern an Sackgassen die Durchlässigkeit für den Fuß- und Radverkehr gekennzeichnet und einige Schilder gereinigt. Aktuell werden außerdem an bestehenden Radwegen und -routen fehlende Schilder ergänzt.

Mit Inkrafttreten einer Reihe von Änderungen der Straßenverkehrsordnung ist seit April 2020 der Einsatz eines grünen Pfeils nur für den Radverkehr möglich. Die Stadt Freising hat an ausgewählten Kreuzungen (so an der Korbiniansbrücke / Ecke Ismaninger Straße) damit begonnen,  diese Rad-Grünpfeile anzubringen. Ähnlich wie beim Grünpfeil für den Kfz-Verkehr müssen hier Radfahrende an einer roten Ampel kurz anhalten und dürfen, sofern sie niemanden gefährden, auch bei Rot rechts abbiegen.

Laufende Untersuchungen

Einige Verbesserungen für den Radverkehr konnte die Stadt in den vergangenen Jahren erfolgreich umsetzen: Beispielsweise wurden fahrradfreundliche Einbahnstraßenregelungen beschlossen, die in der Garten-, Meichelbeck- oder Mozartstraße das Radfahren gegen die Einbahnstraße erlauben. Um das Radverkehrsklima und damit die attraktiven Lebensbedingungen in Freising weiter zu fördern, stehen weitere bereits im Mobilitätskonzept aufgeführte Projekte auf der Agenda.

In einer Machbarkeitsstudie wird momentan untersucht, ob und wie die Kammergasse als Fahrradstraße gewidmet werden kann. Dabei werden besonders die Auswirkungen für die Alois-Steinecker- Straße durchleuchtet, wenn diese von einer Einbahnstraße zu einer Straße im üblichen Zweirichtungsverkehr umgestaltet würde. Eine weitere Studie begutachtet die Korbiniansbrücke, eine der wichtigsten Radverbindungen in Freising: Diese könnte Vorfahrt gegenüber der Luitpoldstraße erhalten. Und schließlich steht der Bereich Wippenhauser Straße, Karlwirtskreuzung und Johannis-/Saarstraße auf dem Prüfstand. Nicht erst seit den Planungen des Landkreises für eine neue Schule an der Wippenhauser Straße gehört diese Strecke zu den wichtigsten Radverbindungen in Freising. Ziel der Studie ist es, trotz der zum Teil sehr beengten Straßenverhältnisse die Sicherheit für Radfahrende zu erhöhen und dabei den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) nicht außer Acht zu lassen.

Alle im Blick für optimale Lösungen

Verkehrsplanung ist komplex. Wie in vielen anderen Bereichen gibt es keine perfekten Lösungen, besonders dann nicht, wenn Bestehendes verändert werden soll und Richtlinien zu beachten sind. Für die Stadt Freising steht im Mittelpunkt, den Umweltverbund zu stärken, also das Fahrrad und auch den ÖPNV. Ebenso ein zentrales Anliegen sind die Bedürfnisse der Fußgänger*innen und insbesondere von Menschen, die auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind. Bei den Planungen werden also möglichst alle Aspekte berücksichtigt. Das macht die Umsetzung anspruchsvoll und zeitaufwändig. Dabei setzt sich die Stadt Freising mit nachhaltigem Engagement dafür ein, die Verkehrswende und ein Mehr an Lebensqualität für alle Freisinger*innen zu erreichen.

Online nach- und weiterlesen

Weitergehende Informationen über das Mobilitätskonzept und die laufenden Projekte für den Radverkehr bietet die Webseite der Stadt www.freising.de im Bereich Leben und Wohnen/ Mobilität & Verkehrswende.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom November 2020.
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