Europäisches Künstlerhaus unter neuer Leitung
Bezirkstagspräsident Josef Mederer ernennt Eike Berg zum neuen Leiter

Herr Berg, erzählen Sie uns etwas von Ihrer Vergangenheit auf dem Gebiet der Kunst!
Schon während meines Kunststudiums in Braunschweig haben Freunde und ich 1986 einen Kunstverein gegründet und mit der Organisation eines Ausstellungsprogramms begonnen. Die Arbeit im Kunstmanagement begleitet seitdem meine Laufbahn. Immer hat es mich interessiert, aus dem Vergleich und der Kombination verschiedener Ansatzpunkte neue Einblicke sichtbar zu machen. Dabei ist für mich der Bezug zum Publikum wichtig. Es fällt mir leicht, Zusammenarbeit zu organisieren und gemeinsame Konzepte zu erarbeiten, sowie diese bis in ihre Einzelheiten zu verwirklichen.
Von Beginn an habe ich mich neben den künstlerischen Entscheidungen und der Kontaktpflege auch mit den administrativen und finanziellen Aspekten des Kunstmanagements beschäftigt. Von der Gründung eines gemeinnützigen Vereins über die Mitarbeit in künstlerischen Interessenverbänden und die Arbeit als Galerieleiter in einem städtischen Kunstzentrum bis zum mehrjährigen Betrieb einer eigenen Galerie konnte ich Erfahrungen aus vielen Perspektiven des internationalen Kulturlebens erwerben.

Wo sehen Sie einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit?
Für mich ist der Name „europäisches künstlerhaus oberbayern“ Programm: Wichtig ist die enge lokale Anbindung in Freising und Oberbayern, mir ist aber auch die Stärkung der europäischen Ausrichtung ein Anliegen. Schwerpunkt wird dabei ganz klar die Arbeit von Gastkünstlern vor Ort sein, um ein Gleichgewicht und eine Verbindung regionaler und europäischer Aktivitäten her zu stellen. Dafür vergibt der Bezirk Oberbayern pro Jahr sechs Stipendien an junge bildende Künstler aus dem europäischen Ausland und sechs oberbayerischen Künstler sollen im Ausland im jeweiligen Partnerland arbeiten können. Die Ergebnisse des Austausches werden in einer Gemeinschaftsausstellung präsentiert.

Konzentrieren Sie sich nur auf den Künstleraustausch?
Nein, ich sehe unser Künstlerhaus als ein ‚Tor nach Europa‘ nicht nur für unsere Stipendiaten: Wir werden interessante Kunstprojekte für Besucher aus Freising und Oberbayern anbieten. Ich sehe unsere Aufgabe auch darin, Kontakte und Wahrnehmungsmöglichkeiten für oberbayerische Künstler auf europäischer Ebene zu schaffen. Vor diesem Hintergrund war das allererste, das ich in meiner neuen Funktion begonnen habe, den Internetauftritt des Künstlerhauses zu modernisieren. Ich möchte, dass die Künstler auch über ihre Ausstellung im Künstlerhaus hinaus eine Plattform für sich und ihre Werke bekommen – da wird sich noch viel tun. Mir ist es wichtig, das Künstlerhaus in den europäischen Kunstdiskurs einzubinden – und das geht über den reinen Austausch der Stipendiaten hinaus!

Neben der europäischen Ausrichtung, wie wird das Künstlerhaus in der Region aufgestellt sein?
Ich sehe den Schafhof als ein Forum für oberbayerische Künstler und natürlich einen attraktiven Ausflugsort für die Region mit Ausstellungen und dem Café als Treffpunkt in der Landschaft und im Kunstgeschehen. In der Region verwurzelt ist und bleibt der Schafhof mit seinen Kunsthandwerksmärk-ten und zahlreichen Veranstaltungen an den Schnittstellen zu angewandter Kunst, Kunsthandwerk und anderen Kunstgattungen. Ich sehe das Künstlerhaus aber auch als eine Art Akademie der Regionen Europas im Bereich zeitgenössischer Bildender Kunst. Der Schafhof ist also ein Gebäude als Treffpunkt von Einheimischen und Gästen, Kunstinteressierten und Künstlern.

Das klingt nach ernsten Aufgaben…
(Eike Berg lacht) Jein, ich finde, Kunst macht Spaß und mir geht es auch um das Verstehen und Erleben von Kunst sowie die Leichtigkeit von Kunst. Ich möchte das durch Themensetzung für eine Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen verdeutlichen. Dabei sollen mehrere Perspektiven mit verschiedenen künstlerischen Strategien, Positionen und Medien auf ein Thema ermöglicht werden. Die Besucher, besonders auch Kinder und Jugendliche, sollen über Workshops und andere Begleitprogramme aktiv eingebunden werden. Dies ist mir wichtig, denn Kunst steht immer im Zusammenhang mit dem Menschen, ermöglicht emotionales und intellektuelles Erfahren jenseits der tägliche Routine.

Nach Freising kamen Sie über einen weiten „Umweg“, der Sie von Halle/Saale über Braunschweig und Budapest ins Herz Oberbayerns führte…
Nach dem Studium und dem Aufbau eines Atelierhauses in Braunschweig habe ich über zwanzig Jahre in Budapest gelebt und gearbeitet. Ich war dort lange aktiv in einem Künstlerverband tätig, habe die Galerie im neu gegründeten Haus für Zeitgenössische Künste geführt, später eine Galerie für Medienkunst betrieben und war zuletzt an der Entwicklung eines internationalen Residenzprogramms beteiligt.  Ich kannte die dortige Kunstszene ausgesprochen gut und habe neue berufliche Herausforderungen gesucht. Neben der fachlichen Weiterentwicklung sprachen auch familiäre Gründe für eine Neuorientierung. Meine beiden Töchter sind zweisprachig aufgewachsen und ich finde es wichtig, dass sie auch in Deutschland heimisch werden. Nach den ersten Schuljahren war es jetzt der beste Zeitpunkt, um auf einer deutschen Schule weiter lernen zu können. Deshalb habe ich mich nach Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland umgesehen.

Warum kamen Sie nach Freising?
Die Entscheidung für Freising war von meiner Seite aus leicht: Die Stadt ist malerisch, sie hat ein reiches Kulturleben, Schulen, Universität, eine direkte Anbindung an die Großstadt und eine wunderbare Naturlandschaft in ihrer Umgebung.
Die Aufgaben am Schafhof entsprechen vollständig meinen Erfahrungen und Leidenschaften: Die direkte Zusammenarbeit mit Künstlern, die Präsentation zeitgenössischer Kunst in außergewöhnlichen Ausstellungsräumen, die Verbindung von lokaler, regionaler und europäischer Kunstvermittlung, die Verantwortung für den Bestand und die Entwicklung eines Kunstprojektes von der Verwaltung bis zur Öffentlichkeitsarbeit, usw. Mir waren „Land und Leute“ sofort sympathisch und ich hoffe, mit meiner Begeisterung für die Kunst und einem offenen und direkten Umgang mit allen Beteiligten, Partnern und Interessierten einen Beitrag zum Freisinger und Oberbayerischen Kulturleben beitragen zu können – ich freue mich darauf!

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Januar 2013.
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