Illusionistische Stadtansichten im Schafhof
Urbane Perspektiven - Dark City

Unter dem Titel „Urbane Perspektiven – Dark City“ sind im Schafhof Arbeiten von sechs internationalen Künstlern zu sehen, die sich, passend zum Thema des Jahres „Illusion“, mit der illusionistischen Architektur unserer Zeit auseinandersetzen. Grundlegend sind dabei deren kritische Auseinandersetzung mit dem Modernismus, das Überdenken von Raumrelationen, aber auch anthropologische Fragestellungen sowie solche nach dem Vertrauen in die Zukunft. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass das menschliche Dasein heute mehr denn je einem ständigen Wandel unterworfen ist. Dem Thema entsprechend handelt es sich bei den Exponaten mehrheitlich um Installationen, die ganz eigene illusionistische Architekturwelten generieren.

Die radikalste Form der Illusion einer Stadt stellen die Zeichnungen von Andreas Fogarasi dar, die nichts weiter beinhalten als die wörtliche Titulierung einer Stadt, die damit auf ihr typisches Merkmal reduziert wird. Dem Betrachter ist es dabei selbst überlassen, was er sich unter der „Ewigen Stadt“ oder einer „Weinstadt“ vorstellt. Konkreter wird der österreichische Künstler in seiner Videoinstallation „Kultur und Freizeit“, für die er ungarische Gebäude für Kultur- und Freizeitgestaltung ins Visier genommen hat. Während um diese Einrichtungen herum öde Tristesse herrscht, findet darin der Traum vom bunten Leben statt. Der Hunger nach Leben ist gleichfalls das Thema der Videoinstallation „Baron´s Hill“ von Pavel Braila. Mit seinen Einblicken in moldawische Privathäuser voller Pracht und Pomp visualisiert er die Sehnsucht der einfachen Bürger nach Luxus und Verschwendung.

Nichts dergleichen findet sich in dem Video „Rain“ von Wu Chi-Tsung. Zwar fixiert seine Kamera aus seinem Atelierfenster hinaus geradewegs das vor ihm liegende Taipei, die Stadt aber bleibt im dichten Regengrau rätselhaft verborgen. Dieselbe geisterhafte Menschenleere beherrscht auch seine Installation „Christal City“, die sich aus unzähligen Plexiglas-Kuben zusammensetzt. Der Clou der Arbeit aber besteht in einem vor und zurück fahrenden Scheinwerfer, der je nach Richtung die Position des Betrachters innerhalb des Ambientes verändert. Sich bewegende, gar einzustürzen drohende Gebäude generiert auch Tobias Putrih in seiner Collage-Studie über Venedig. Bleibt zu hoffen, dass diese Vision nicht allzu schnell Realität wird. Zudem gibt er sich in einer ganzen Serie von ausgewählten Bilderpaaren als scharf beobachtender Forscher zu erkennen, der fiktionale Entwürfe wissenschaftlichen Grafiken von verschiedensten Daseinsmerkmalen gegenüberstellt.

David Schnell macht sich auf ganz andere Art darüber Gedanken, wie es mit unseren Städten weitergehen könnte. Mit leuchtenden Farben und in klassischen Bildaufbau lösen sich seine Architekturen Stück für Stück auf und werden von der Natur Schicht für Schicht zurückerobert. Und eben diesen Prozess hat er in einer impressionistischen Atmosphäre aus Licht und Luft eingefangen. Poetische Leichtigkeit charakterisiert ebenso die Installation „Find It“ von Emese Benczúr. Gleich Noten in Zeilen schweben rosarote Plexiglasscheiben zwischen Drahtseilen, die dazu einladen, seinen eigenen Standpunkt zu suchen.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Mai 2014.
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