Preisträger wider Willen
Norbert Bürger über die Schwere eines Scharfrichterbeils

Der Freisinger Gitarrist und Musikkabarettist Norbert Bürger (49) sammelt Preise am laufenden Band. Acht renommierte Auszeichnungen hat er schon in der Vitrine, respektive auf dem Küchenschrank stehen. Allen voran ist der Kulturanerkennungspreis des Landkreises Freising aus dem Jahr 1999 zu nennen. Weitere Preise mit dem Orchester Bürger Kreitmeier (OBK) folgten. Der Thüringer Kleinstkunstpreis etwa oder der Prix Phantheon für Kabarett in Bonn. Als das Höchste der Gefühle galt lange der Deutsche Kleinkunstpreis, den Bürger 2006 zusammen mit seiner Bühnenpartnerin Conny Kreitmeier an Land zog.

„Ich hasse Wettbewerbe“

Und nun das: Das jüngste Beispiel ist das Passauer Scharfrichterbeil 2016. Für sein skurriles Soloprogramm „Bürger from the Hell“. Eine Einmann-Rock-Show bei der das Publikum Tränen lacht, über einen durchgeknallten Klemmi, der auszieht um mit seiner Gitarre die Herzen der Frauen zu erobern und die Welt aus den Angeln zu heben. Das Scharfrichterbeil – Ein Ritterschlag vor dem Herrn, eine Auszeichnung, die ihn in eine Reihe stellt mit Größen des Genres, mit der Creme de la Creme wie Andreas Giebel, Luise Kinseher oder Hagen Rether. Dabei mag er das gar nicht.
„Ich hasse Wettbewerbe“, sagt der Träger des Scharfrichterbeils 2016 im Brustton der Überzeugung. Wettbewerbe, sich mit anderen messen, das will er vielleicht „beim Hirsch-Cup“ auf dem Fußballplatz. „Da geht es darum, da muss man gewinnen“, betont der Preisträger. Da macht das Sinn. Aber auf der Bühne, im Wettstreit mit Kollegen, da ist ihm dergleichen zuwider, ja fast peinlich.
Dass er ein Problem mit seinem Preis hat, liegt allein an der schieren Größe. „Können wir uns nicht bei mir treffen, das Hackebeil ist so schwer“, lautete der Text einer E-Mail an die Fink-Redaktion, als es darum ging, etwas zum Stellenwert des Passauer-Scharfrichterbeils und das Gefühl ihn zu gewinnen zu erfahren. Demnach geht es „bei der Musik, bei der Kunst, bei Kleinkunst um ganz etwas anderes. Da hat der Wettbewerbsgedanke nichts verloren“, bekräftigt Bürger. Auf der Bühne ein Kurzprogramm rauszuhauen, nur damit man hinterher eine Trophäe mit nach Hause tragen kann. Eher nicht sein Ding. „Das ist halt leider so ein Gesellschaftsding, die Leute stehen halt auf Wettbewerbe“, urteilt er.
„Ich mag bei Shows spielen, mit anderen Künstlern – das ist dann eine Gaudi, dann macht man sich zusammen einen guten Abend. Und das ist das Ziel, dass man sich einen guten Abend macht“, verrät der Darsteller von „Bürger from the Hell“. Einer Kunstfigur, die Norbert Bürger sorgsam entwickelt hat, nach einer Pause auf der Kabarett-Bühne, in der er seine zahlreichen Musikprojekte vorangebracht hat. Als Komponist und Jazzmusiker, als Arrangeur und Bandleader. Zurückgekehrt ist er mit einem Paukenschlag. Als Mitglied im neuen Ensemble der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Mit einem Programm, für das es Beifall und prompt eine Auszeichnung gab. Zusammen mit seinen Mitstreitern von Ulan & Bator sowie der Musikerin und Schauspielerin Caroline Ebner hat man ihm dafür den AZ-Stern ans Revers geheftet.

„Bürger from the Hell“ – Eine Kurzbeschreibung

In der Lach & Schießgesellschaft hat auch die Figur „Bürger from the Hell“ offizielle Premiere gefeiert. Eine, die sich gewaschen hatte. Bürger selbst beschreibt sein Alter-Ego in etwa so: „Der ist daheim und verschafft sich über Youtube alle Riffs und Gestiken – lernt Rockmusik. Er bringt das aber dann auf den Punkt, er perfektioniert es. Und der kann das jetzt und jetzt geht er auf die Bühne und macht eine Rockshow und zeigt, wie das geht. Außerdem ist es ja auch ein Weg, an das weibliche Geschlecht ran zu kommen. Der muss ja endlich mal eine abschleppen. Gitarristen sind da ja eh vorn dabei. Deswegen spielt er ja auch Gitarre. Aber eigentlich hat er ja Zitter studiert.“
Noch Fragen? Ach ja, „Bürger from the Hell“ muss sich über Geld keine Sorgen machen. Schließlich hat er von seiner Tante eine Eigentumswohnung geerbt. Damit nicht genug, eine Kosmetikfirma hat ihn auf ihre Gehaltsliste gesetzt. Durch einen blöden Zufall. „Eine Verwechslung“, wie Norbert Bürger verrät.
Er selbst glaubt nicht, dass ihn das Scharfrichterbeil jetzt reich und noch berühmter macht. Anfragen der großen Comedy-Shows im Fernsehen stellen die Ausnahme dar. Sorgen macht sich der prämierte Musiker und Kabarettist aber nicht. „Ich bin ausgebucht, das ganze Jahr“, sagt er. Will heißen: Er wird auf der Bühne stehen und weiter „performen“.

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Februar 2017.
In unserer Bibliothek können Sie diese und alle anderen Ausgaben der letzten Jahre online lesen.

zur Bibliothek...
weitere Artikel zu diesem Thema: