Quo Vadis Kultur?
Was planen die Kulturveranstalter im Freisinger Land für das Jahr 2021?

Der Kulturbetrieb liegt darnieder, unzählige Künstler-innen, Veranstalter-innen, Techniker-innen und freie Mitarbeiter-innen sorgen sich um ihre Existenz und hoffen darauf, bald wieder durchstarten zu können. Das ausgehungerte Publikum wartet sehnsüchtig auf Inspiration und Erbauung. Nun werden im ‚Kulturstaat Deutschland‘ Überlegungen angestrengt, öffentliche Subventionen für Kultur herunter zu fahren. Die Lage stimmt wenig optimistisch, fragt sich, was überhaupt noch realisiert werden kann. Gründe genug für unsere Mitarbeiterin Elisabeth Hoffmann, sich bei den Veranstalter-innen im Freisinger Land bezüglich ihrer Pläne und Ideen für 2021 umzuhören.

Altstadtförderer Moosburg

Daniela Eiden: Wir haben unser Programm für 2021 aufgestellt und wollen es, wenn möglich, auch durchziehen. Zunächst sollte eigentlich noch immer unser Projekt ‚Architekturpreis 2020‘ (für Moosburg) laufen, das jetzt natürlich ‚Architekturpreis 2021‘ heißen muss. Der Zeitplan hat sich völlig verschoben, daher sind Bewerbungen noch möglich. Die Publikation dazu und eine Preisverleihung sollen im April stattfinden. Weiter geplant ist das ‚Kunstwochenende‘ im Zehentstadel vom 2. bis 4. Juli, tgl. 10 bis 18 Uhr, eventuell zur Sommernacht am 3. Juli bis 20.30 Uhr, Vernissage am Freitag mit Musik, Ausstellungscafé am Samstag und Sonntag, Finissage am Sonntag. Die ‚Kurzfilmnacht‘ (zusammen mit der Marketing eG und dem Kulturreferat) findet am 24. Juli mit Publikumspreis und am 28. August im Rosenhof-Kino statt. Das ‚Offene Atelier‘ ist für den 9. und 10. Oktober im Zehentstadel, in der Aula der VHS, im Feyerabendhaus und in privaten Ateliers geplant, auch mit Ausstellungscafé und Workshops. Unsere sogenannten ‚Altstadtforen‘, zwei bis drei Informationsveranstaltungen zur Stadtentwicklung mit anschließender Diskussion, wollen wir auch gerne machen, aber hierzu ist die Planung noch offen. Wir werden mit den Ausführungsplanungen beginnen, sobald klar ist, was und wann der Bund und dann das Land Bayern entscheiden werden. Für uns ist es schwierig, die Unwägbarkeit der Corona-Pandemie einerseits, die Reaktionen der Politiker darauf und andererseits die vielen ehrenamtlichen Helfer, die nötig sind, unter einen Hut zu bringen.

3klang

Gottfried Herrmann: „Nur nicht aufgeben“, so lautete bei 3klang im Jahr 2020 die Devise! Und so haben die 3klängler mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten versucht, auch in den für die Kultur so extrem schwierigen Zeiten einen kulturellen ‚Notbetrieb‘ aufrecht zu erhalten. Ein ausverkauftes Familienkonzert im Lindenkeller mit 72 erlaubten Besuchern, eine Online-Konzert Reihe mit monatlichen Veranstaltungen aus dem improvisierten ‚3klang-Studio‘ und die traditionellen Adventskonzerte im Schafhof, natürlich ohne Besucher und online, das waren die Highlights im vorigen Konzertjahr, in dem alles so anders war, aber die Resonanz der Zuschauer war sehr gut – die Sehnsucht nach Kultur ist riesengroß. Danke an die Sponsoren, vor allem an die Freisinger Bank und die Stadt Freising, die dieses Angebot finanziell möglich gemacht haben. Mutig, aber auch sehr vorsichtig plant das 3klang-Team für die kommende Zeit nach Ostern ein der Situation angemessenes Kulturprogramm. Kleine Besetzungen in großen Räumen, einige Freiluftveranstaltungen, aber auch den Freisinger Musiksommer im Schafhof, die JazzTime Freising oder das Sainerhaus Festival sollen wieder aufleben und die Sehnsucht nach Kultur, die auf allen Seiten (Musiker wie Zuhörer) so deutlich zu spüren ist, stillen. Aber ob’s so wie geplant möglich ist und wann auch die Konzertbesucher wieder mutig werden, Veranstaltungen zu besuchen, das weiß zurzeit niemand. Und bis dahin bleiben uns nur die Online-Konzerte, die inzwischen allerdings auch in allen Teilen Deutschlands, in Griechenland, Frankreich, Südamerika, der Ukraine und sogar in Dubai Freunde und regelmäßige Besucher gefunden haben. Ein schöner, positiver Nebeneffekt!

Furtner

Franziska Kreuter und Ludwig Dinzinger: Letztes Jahr war aufgrund der Corona-Maßnahmen nur ein kleines Kulturprogramm möglich. Immerhin konnten wir im Sommer ein wöchentliches Konzert/Hintergrundmusik vorm Furtner und eines im Jagdzimmer veranstalten, bevor es zum Shutdown kam. Wir hatten auch für November und Dezember schon mehrere ‚Kulturkränzchen am Sonntag‘ geplant. Eine weitere Idee war, trotz Lockdown-light ein tägliches Kulturfensterl im Dezember, als eine Art Adventskalender. Aufgrund der Corona-Auflagen war dies leider nicht möglich. Online findet derzeit nur hin und wieder der Furtner Quizabend statt. Im Jahr 2021 haben wir kulturell noch nichts geplant. Wir wollen abwarten. Derzeit sind zu viele Fragen offen. Wann sind überhaupt wieder Kneipenabende möglich? Wann ist Kultur wieder möglich? Und wie werden die Auflagen sein? Ist mit den zukünftigen Maßnahmen überhaupt Kultur in unseren kleinen Räumlichkeiten durchführbar? Wie sieht denn der Furtner-Sommer überhaupt aus? Ist aufgrund der Baustelle überhaupt eine Außenbestuhlung vorm Furtner möglich? Denn wenn nicht, ist ein Kulturprogramm vor der Tür hinfällig und es kommt zur Corona-Zeit zusätzlich ein harter Sommer auf den Furtner zu. Wie sind dieses Jahr die Auflagen der Stadt? Letztes Jahr hat uns die großzügige und freie Gestaltung der Außenbestuhlung sehr weiter geholfen, um Quizabende oder Konzerte durchzuführen. Wir haben auf jeden Fall wieder Lust auf Kleinkunst im und vorm Furtner. Wir wollen, dass im Furtner schnellst möglich wieder gequizzt, getanzt, gesungen, gedichtet, gezockt und toller Musik gelauscht werden kann. Letztes Jahr haben wir das Kulturprogramm auch ziemlich kurzfristig geplant, da wir vom Wetter und der Situation abhängig waren. Dieses Jahr wird es nicht anders funktionieren. Anfragen sind schon einige da. Sobald es irgendwie wieder machbar ist, wird es auch wieder Kultur geben, auch wenn bestimmt nicht im selben Umfang wie vor Corona. Aber wir hoffen, dass mit der Zeit immer mehr möglich sein wird.

Galerie 13

Fritz Dettenhofer: Leider setzt sich auch in diesem Jahr die schwierige Gesamtsituation im Kulturbereich fort. Im Rahmen meiner Galeristen-Tätigkeit werde ich erneut das gesamte Jahresprogramm zeigen. Derzeit sind Werke von Andreas Bindl zu sehen, im März und April Arbeiten von Pomona Zipser, im Mai folgt Bodo Rott und im Juni Günter Reker. Nach der Sommerpause starte ich mit Maria Rucker und zum Jahresende zeige ich Arbeiten von Irene Fastner.  Zu den Ausstellungen wird jeweils eine Online-Präsentation erstellt (siehe www.galerie13.net). Ab Februar hoffe ich auf Galeriebesucher im Zusammenhang mit der Wiederbelebung des Einzelhandels. Die Galerie ist dann ohne Voranmeldung zu den Öffnungszeiten (Di – Fr 14 – 18.30 Uhr, Do – 20.30 Uhr, Sa 10 – 13 Uhr) zu besuchen. Die aktuellen Hygienevorschriften sind zu beachten. Im Rahmen meiner Galerie werde ich weiter tätig sein und mich kompromisslos und ohne jegliche Subvention den Anforderungen stellen.

Galerie im Schlosspavillon, Ismaning

Gisela Hesse: Die Kultur, sei es Bildende Kunst, Musik, Theater, Film, Kabarett oder Literatur, ist ein schwer getroffenes Opfer der Pandemie. Ich denke, die meisten Kulturschaffenden haben, so wie ich, gehofft, dass dieser Corona-Alptraum bald zu Ende ist, und das Jahr 2021 aufs Neue ein blühendes Kulturleben ermöglicht. Es sieht leider so aus, dass diese Annahme zu optimistisch war und eine Normalität im Kulturbetrieb noch länger auf sich warten lässt. Alle geplanten Veranstaltungen, die für Besucher gedacht sind, können, wenn überhaupt, nur kurzfristig vorbereitet werden. Ausstellungen, Konzerte, Lesungen oder Theater ergeben keinen Sinn ohne Publikum. Digitale Veranstaltungen sind kein richtiger Ersatz für das direkte, analoge Erlebnis. Ich hoffe sehr, dass der kulturelle Total-Lock-Down nicht zu lange andauert. Kultur gilt zwar nicht als ’systemrelevant‘, aber sie ist doch wesentlich relevant für geistige Anregung, seelische Ausgeglichenheit, Wissensvermittlung und nicht zuletzt Lebensfreude. Diese Eigenschaften sind ganz entscheidend für die Lebensqualität vieler Menschen. Zahlreiche Museen, Galerien, Konzert- und Theatersäle haben durchdachte Hygienekonzepte und gefährden die Besucher sehr viel weniger als zum Beispiel überfüllte Supermärkte. Es ist schade, dass die Künstler und Kulturschaffenden in einem Meer aus Ungewissheit schwimmen. Sie sind zum Glück noch nicht untergegangen, aber wie lange halten sie noch durch?

Kallmann-Museum, Ismaning

Rasmus Kleine: Kultur ist mehr als bloße Freizeitgestaltung, zu der sie im Zuge der Corona-Maßnahmen degradiert wurde. Sie ist der Grund unseres Menschseins, Museen und Theater sind Orte der Bildung, der Auseinandersetzung mit uns selbst, unseren Werten, unserer Gesellschaft. Je länger sie geschlossen sind, desto mehr Schaden nimmt unser freiheitliches Zusammenleben. Ja, es muss alles getan werden, um die Pandemie einzudämmen. Als Museumsleiter unterstütze ich die Maßnahmen, die dafür notwendig sind. Was ich aber von Beginn an vermisse, ist eine differenzierte öffentliche Auseinandersetzung über diese Maßnahmen und insbesondere über die Rolle der Kultur. Ich hoffe sehr, dass die politisch Verantwortlichen den überragenden Wert von Kultur für unsere Gesellschaft richtig einschätzen und die kulturellen Institutionen in diesem Land möglichst bald wieder öffnen können. Zumal an wenigen Orten die Ansteckungsgefahr so gering ist wie in einem Museum. Zahlreiche Anrufe bei Künstler-innen, Musiker-innen und Freien Mitarbeiter-innen, deren Ausstellungen, Konzerte, Veranstaltungen und Angebote ich 2020 absagen musste, schmerzten sehr, auch angesichts der ohnehin häufig prekären Arbeitsbedingungen dieser Berufsgruppen. Für 2021 planen wir wieder Ausstellungen, Veranstaltungen und ein Konzertprogramm – mit aller Flexibilität, die uns erlaubt, auf eine neue Situation zu reagieren. Und wir planen digitale Angebote, mit denen wir aber natürlich nur einen Teil unseres Publikums erreichen. 2020 hat mir eines sehr deutlich gezeigt: Digitale Formate sind wichtig und bieten großartige Möglichkeiten der Kommunikation und Vermittlung. Einen Museumsbesuch ersetzen können sie nicht.

Kulturverein Modern Studio

Helma Dietz und Irmgard Koch: Es werden sobald wie möglich die aus verschiedenen Gründen aufgeschobenen Lesungen an Schulen und die zwei öffentlichen Lesungen nachgeholt. Kristin Höller: Schöner als Überall im Domgymnasium, Hannes Wirlinger: Vogelschorsch im Josef-Hofmiller-Gymnasium, Stefanie Höfler: Der große schwarze Vogel in der Mittelschule Neustift, Philipp Weiss: Am Weltenrand sitzen die Menschen und lachen im Camerloher Gymnasium (öffentlich), Alois Prinz: Dietrich Bonhoeffer: Sei frei und handle! mit Johannes Öllinger an der Gitarre, Christi-Himmelfahrts-Kirche (öffentlich). Die Ausstellung von Ulrike Möltgen ‚Ich bin nicht mehr, was ich gestern war…‘, Zeichnen gegen den Strom – Illustrationen und freie Arbeiten, wird vom 15.4. bis 2.5. noch einmal gezeigt, da diese im November leider geschlossen war und wir statt der sonst über 600 Besucher nur 40 Einzelführungen durchführen konnten. Die Organisation einer neuen Frühjahrsausstellung war uns zu riskant, außerdem ist es ein Jammer, dass die schönen Bilder nur von so wenigen Menschen angeschaut werden konnten (mehr dazu in der letzten November-Ausgabe des fink unter ‚Literarischer Herbst‘). Das Modern Studio Freising feiert 2021 das 50. Jahr seines Bestehens. Geplant sind eine Ausstellung mit Arbeiten unserer fünf langjährigen künstlerischen Mitglieder (Gabriele Abs, Elisabeth Seitzl, Markéta Lübben, Hedi Schubert-Schwall und Ingrid Künne) vom 27.5. bis 13.6. sowie andere Veranstaltungen, eventuell ein Festakt, Lesungen, Videoinstallationen, Kindertheater, je nach finanziellen und Corona-bedingten Möglichkeiten. Unsere Herbstausstellung findet vom 23.9. bis 10.10. statt. Den 39. Literarischen Herbst planen und organisieren wir im Sommer je nach Lage. Sowohl die Künstler-innen und Schriftsteller-innen als auch die Schulen und Lehrer-innen sind froh über jedes außerordentliche kulturelle Ereignis.

Kunstverein Freisinger Mohr

Dieter Hammer: Für 2020 sind wir mit einem reichhaltigen Programm an Ausstellungen, Workshops und Veranstaltungen der Kunstvermittlung an den Start gegangen. Unsere Fotoausstellung konnte noch stattfinden. Frühjahrs- und Jahresausstellung mussten angesichts des Gesundheitsrisikos abgesagt werden. Das gilt auch für eine Reihe anderer Programmpunkte, wie den 25 Jahre Jubiläumsempfang. Es gibt aber auch Positives zu berichten. Sobald es die Lage erlaubte, haben wir die Gelegenheit ergriffen, kurzfristig Treffen und Workshops anzubieten. Dies war insbesondere mit dem Europäischen Künstlerhaus Oberbayern, einer dortigen Gastkünstlerin und bei Treffen im Garten des Cafés möglich. Ansonsten bestand unsere Hauptarbeit im Verfolgen und Bewerten der Situation und entsprechender Absagen. Dies ist auch 2021 der Fall. Als Verein finanzieren wir uns über Mitgliedsbeiträge. Die Ausstellungskosten werden von den Ausstellern mit einer kleinen Gebühr mitgetragen. Wir sind daher nicht auf weitere Zuwendungen angewiesen. Das lässt uns Gestaltungsfreiheit. Was wir allerdings als problematisch sehen, ist der Anstieg der Ausstellungskosten in Freising durch Mieterhöhungen. Das trifft alle hiesigen Künstler grundsätzlich, die ihre eigenen Ausstellungen vollständig selbst finanzieren müssen und in der Regel die entstandenen Kosten nicht durch Verkäufe decken können. Viele unserer Mitglieder sind Künstler-innen und die Präsentation ihrer Arbeiten gehört wesentlich mit zu ihrem Schaffen. Es ist gut möglich, dass die Bereitschaft von Kunstschaffenden, den Aufwand für nicht kostendeckende lokale Ausstellungen selbst zu stemmen, abnimmt. Das ginge zu Lasten der kulturellen lokalen Vielfalt in unserer Stadt und Region. Eine Abhilfe wäre wünschenswert.

Lindenkeller, Freising

Fritz Andresen: Wir leiden alle unter der Schließung der Spielstätten. Die Corona-Pandemie ist ein Stresstest für alle Beteiligten, die von den Einschränkungen im Kulturleben betroffen sind. Für viele Veranstalter-innen, Techniker-innen und Künstler-innen entsteht dadurch häufig nicht nur ein immenser finanzieller Schaden. Alle Beteiligten haben in der Vergangenheit auch eine Menge Herzblut in ihre Tätigkeiten investiert. Der fehlende Applaus und der fehlende Kontakt zum Publikum hinterlassen häufig eine große Leere. Auf der anderen Seite fehlt dem Publikum die Kultur. Kultur führt die Menschen zusammen, sie bietet Reibungsflächen zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und ist Ausdruck des menschlichen Daseins. Kultur unter Einhaltung von Abstandsregeln und Gruppengrößen widerspricht zwar zum Teil ihrem eigentlichen Sinn, trotzdem waren die zwischendurch möglichen Events ein ‚Lichtblick‘ und sehr wichtig für alle Beteiligten. Aus meiner Sicht ist es nur schwer abschätzbar, wie sich das kulturelle Leben nach der Pandemie verändert haben wird. Seit fast einem Jahr müssen sich alle Menschen zusätzlichen Regeln und Verhaltensvorschriften unterordnen. Ich hoffe, dass ‚danach‘ vielfältige und bunte Events dazu führen werden, dass sich die Horizonte wieder erweitern und sich die entstandenen Gräben zwischen den Menschen wieder schließen können. Wie geht es weiter? Leider können wir den Kontakt zu unserem Publikum momentan kaum pflegen. Professionelle ‚Live-Streaming-Konzepte‘ sind bei häufig sehr geringem Wirkungsgrad sehr kostspielig. Einige Freisinger Künstler-innen waren außerdem der Meinung, dass man Kultur nicht ‚verschenken‘ sollte. Daher haben wir uns gegen Streaming-Konzepte entschieden. Dennoch stehen die Stadtjugendpflege und das Kulturamt in den Startlöchern. Wir können den Kulturbetrieb jederzeit wieder aufnehmen – unter Einhaltung der dann geltenden Infektionsschutzregeln – und haben sogar für die nächsten Monate ein Lindenkeller-Programmheft veröffentlicht (www.lindenkeller-live.de, Anm. d. Red.). Entfallene Veranstaltungen wurden nicht abgesagt, sondern weitgehend verschoben. Dies sehen wir als deutliches Signal der Stadt, Künstler-innen mit ihren vielfältigen Kulturformaten zu unterstützen. Möglicherweise findet im Frühsommer 2021 wieder ein Festival im Stadtgebiet statt, ähnlich dem ‚Sommerwunder‘, welches wir (Stadtjugendpflege, Uferlos-Team, Kulturamt, Musikschule der Stadt Freising) nach dem Lockdown 2020 ‚aus dem Hut gezaubert‘ haben. Erste Vorgespräche finden in Kürze statt. Ich hoffe, dass wir im Lindenkeller ab Herbst wieder so richtig abtanzen können – und dass wir bis dahin die Pandemie gesund überstanden haben werden.

Musikschule der Stadt Freising

Odilo Zapf: Generell ist es derzeit für alle Kulturschaffenden schwierig bis unmöglich, Veranstaltungen zu planen und vor allem zu terminieren. Proben mit Orchestern, Chor, Jugendblasorchester, Stadtkapelle und für Musicals sind online nicht möglich. Hier liegt auch das Problem der Veranstaltungsplanung. Vorspiele, Konzerte, Auftritte, Vorstellungen brauchen einen gewissen Vorlauf, meist mehrere Monate. Solange man nicht weiß, wann man sich wieder zu Proben treffen darf, sind konkrete Planungen von Veranstaltungen kaum möglich. Für unsere Schüler-innen wäre diese Perspektive aber sehr wichtig und wünschenswert. Im gemeinsamen Musizieren, vor allem Auftreten auf großer und kleiner Bühne, liegen für viele die Motivation und der Ansporn für ihr tägliches Üben. In normalen Zeiten finden an der Musikschule 170 bis 180 Veranstaltungen pro Jahr statt. In 2020 waren es immerhin noch knappe 60. Große Konzerte, wie die des Freisinger Symphonieorchesters und der Stadtkapelle, verschiedene Kammermusikkonzerte und Meisterkurse mussten abgesagt werden. Diese Veranstaltungen haben wir nach wie vor im Blick und werden sie, soweit möglich, heuer nachholen. Das für Januar 2021 geplante Neujahrskonzert der Stadtkapelle wurde ersatzlos abgesagt und für den Regionalwettbewerb Jugend musiziert ist derzeit eine alternative Durchführung vorgesehen. Außerdem sind für dieses Jahr die Neuinszenierung eines Kindermusicals von Martin Keeser und ein großer Ballettabend von Natalia Gnatiouk, der einen Blick hinter die Kulissen unserer Ballettklasse bieten möchte, geplant. Die Proben zu diesen Veranstaltungen wurden durch den aktuellen Lockdown leider unterbrochen. Daneben sind noch zahlreiche weitere Veranstaltungen in Vorbereitung, wie etwa das Abschlusskonzert des Kompositionskurses von Professor Putignano oder die Meisterkurse der Internationalen Musikakademie, die alle auf halbwegs normale Bedingungen warten. Wie so viele andere fahren wir also weiter auf Sicht und versuchen alles zu verwirklichen, was möglich und auch verantwortbar ist.

Prima Leben und Stereo

Christian Richter: Auch für uns ist das Jahr 2021 leider schwer zu planen. Da wir im Oktober einen neuen Vorstand gewählt haben, sind wir gerade dabei  uns neu aufzustellen und zu strukturieren. Dass wir dabei unser Hauptgeschäft – nämlich Kultur nach Freising zu bringen – nicht mehr wahrnehmen können, trifft uns natürlich ähnlich schwer wie viele andere. Dennoch waren wir nicht untätig. Mit einer neuen Veranstaltung, der ‚Freisinger Bärenjagd‘, bringen wir eine Schnitzeljagd nach Kultur und Historie (und wenn es bis dahin wieder möglich ist auch nach Gastronomen) für Jung und Alt nach Freising. Einen Starttermin gibt es hierfür allerdings aufgrund des Verbotes für Kulturveranstaltungen noch nicht. Ebenso arbeiten wir daran, eine Corona-sichere Variante der ‚Freisinger Nacht der Musik‘ für den kommenden Herbst auf die Beine zu stellen, um so die Künstler, die sowieso schon um ihre Existenz fürchten, unterstützen zu können. Auch zum Ende des Jahres planen wir gerade eine neue Veranstaltung, aber die ist aktuell noch geheim.

Schafhof – Europäisches Künstlerhaus Oberbayern

Eike Berg: Unsere Ausstellungen werden wenn irgend möglich auch im Falle von Lockdown-Perioden durchgeführt. Während der bisherigen Pandemiemonate hat der Schafhof als Einrichtung des Bezirks Oberbayern zahlreiche Online- bzw. Hybrid-Projekte entwickelt, mit denen wir unsere Aufgabe der Vermittlung und Förderung von Kunst und Kultur auch in Zeiten der Pandemiebeschränkungen kreativ erfüllen können (siehe https://www.schafhof-kuenstlerhaus.de/Videopool). Viele dieser neuen digitalen Formate sollen nach Möglichkeit auch langfristig weitergeführt werden, weil sie eine ganz gute Dokumentation und inklusive Ergänzung zu den Angeboten des Schafhofs darstellen. Sie sind aber kein Ersatz für das intensive Programm vor Ort, weil Kunst umfassend nur im Original erfahren werden kann und die persönliche Begegnung unersetzlich ist. Dieser persönliche Austausch ist auch der Schwerpunkt unseres künstlerischen Residenzprogrammes, welches ebenfalls weitergeführt wird und gerade in diesen schwierigen Zeiten eine besondere Bedeutung besitzt. Kultur ist mehr als nur eine ‚Freizeitveranstaltung‘. 2021 steht unter dem Thema ‚Europa‘. Die Ausstellungen von Andreas Kuhnlein (Das Narrenschiff) und Bernd Zimmer (Naturgeschichte(n)) haben wir bis März verlängert. Im ‚Fokus Europa II LIVE‘ präsentieren wir die Stipendiat-innen des Residenzprogrammes 2020 exklusiv online. In Kooperation mit der Slowakischen Nationalgalerie Bratislava richten wir die Gruppenausstellung  ‚Eastern Sugar / Crossing Borders‘ ein, die Teil des ’Creative Europe Programms‘ der Europäischen Union ist. Das ist das erste Mal überhaupt, dass der Schafhof und insgesamt der Bezirk Oberbayern an einem EU-Projekt erfolgreich teilnehmen. Anschließend werden unter dem Titel ‚RomaMoma‘ Arbeiten von internationalen Künstler-innen mit Sinti- oder Roma-Hintergrund zu sehen sein. Danach dokumentiert ‚Dachau – Oswiecim‘ eine 30-jährige Künstlerfreundschaft.  Zum Jahresende zeigen wir Fotografien, die ‚An den Strömen‘ entstanden, von Ute Mahler und Werner Nahler.

Fotos: Dettenhofer, Dietz + Koch, EHO, Daniel Eiden, Hammer, Herrmann, Hesse, Kleine, Kreuter, Zoltan Kerekes, Moritz Warsberg

Dieser Artikel erschien im FINK-Magazin vom Februar 2021.
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